Lehrgang zur pädagogischen Qualität in Kitas
Interview mit Marina Jahn, wissenschaftliche Mitarbeiterin der pädquis-Stiftung
QuiK steht für Qualitätsentwicklung in der Kindertageseinrichtung und ist ein Weiterbildungsprogramm, das Kitaleitungen dazu befähigen soll, mit ihren Teams gemeinsam in der Praxis die pädagogische Qualität in der Kita zu verbessern und weiterzuentwickeln. Es basiert auf wissenschaftlich fundierten Qualitätsmerkmalen und dauert etwa anderthalb Jahre. Bei der aim findet QuiK im Kooperationsprojekt “Qualität durch Weiterbildung” mit der pädquis-Stiftung und der PH Schwäbisch-Gmünd statt.
Marina Jahn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der pädquis-Stiftung, und leitet die QuiK-Kurse bei der aim an. Im Interview spricht sie über die Entstehung von QuiK vor mehr als 20 Jahren bei der großen nationalen Qualitätsinitiative. Sie beschreibt zudem, mit welchen konkreten Schritten das Programm heute Kita-Leitungen und -Teams hilft, einen nachhaltigen Qualitätsentwicklungsprozess aufzubauen und wie QuiK auch international angenommen und weiterentwickelt wird.
Redaktion: Frau Jahn, worum geht es beim QuiK-Programm im Kern?
Marina Jahn: QuiK steht für die systematische Qualitätsentwicklung in der Kindertageseinrichtung. In dem Weiterbildungsprogramm geht es darum, Kita-Leitungen zu befähigen und dabei zu unterstützen, mit ihren Teams gemeinsam in der Praxis die pädagogische Qualität in der Kita zu verbessern und weiterzuentwickeln. Wir orientieren uns bei unserer Arbeit an dem Nationalen Kriterienkatalog, einer umfangreichen Zusammenstellung wissenschaftlich fundierter Qualitätsmerkmale für die Arbeit mit Kindern von 0 bis 6 Jahren in Kindertageseinrichtungen. Der Kurs richtet sich jeweils an etwa 15 Kita-Leitungen, geht über ein bis anderthalb Jahre und umfasst zehn Treffen online oder in Präsenz. Zwischen diesen Treffen arbeitet die Kita-Leitung mit ihrem Team an der Umsetzung des Qualitätsentwicklungsprozesses.
Redaktion: Wie ist QuiK entstanden?
Jahn: Vor mehr als 20 Jahren gab es die Nationale Qualitätsinitiative, ein großes Programm, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde. Innerhalb des Programms entstanden zwei Teilprojekte, welche pädquis betreute. Dazu gehörte auch die Entwicklung der genannten Qualitätskriterien für die Arbeit mit Kindern, basierend auf nationaler und internationaler wissenschaftlicher Expertise in Abstimmung mit der Fachpraxis. Dieser Kriterienkatalog ist inzwischen ein etabliertes, immer wieder überarbeitetes Werk. Als die Kriterien entwickelt wurden, kam die Frage auf, wie diese ihren Weg in die Praxis finden, also wie Kita-Leitungen und pädagogische Fachkräfte konkret mit all den Qualitätsmerkmalen arbeiten und die Qualität weiterentwickeln können. Und so entstand QuiK, als Werkzeug für die Kita-Leitungen und ihre Teams, mit dem sie diese Kriterien berücksichtigen können. Der Kurs für Qualitätsentwicklung wird im Rahmen des Kooperationsprojekts „Qualität durch Weiterbildung“ bei der aim angeboten. Die aim führt das Projekt gemeinsam mit der pädquis Stiftung und dem ZQM durch. Das ZQM – das Zentrum für Qualitätsforschung und Monitoring in der Kinder- und Jugendhilfe an der PH Schwäbisch Gmünd – begleitet das Projekt wissenschaftlich, führt parallel eine Wirkungs- und Implementationsstudie durch und schaut sich so die Auswirkungen von QuiK auf die Leitungen und die Kita-Praxis an.
„Kita-Leitungen sollen sich die Qualitätsentwicklung mit ihrem Team so aneignen, dass sie in der Lage sind, sie nach Abschluss des Programms selbstständig weiterzuführen.“
Marina Jahn
Redaktion: Können Sie uns etwas mehr über die Lehrinhalte des QuiK-Programms erzählen?
Jahn: Bei QuiK geht es uns vor allem darum, ein Qualitätsentwicklungsverfahren in den Kitas zu etablieren. Kita-Leitungen sollen sich die Qualitätsentwicklung mit ihrem Team so aneignen, dass sie in der Lage sind, sie nach Abschluss des Programms selbstständig weiterzuführen. Die Qualitätsentwicklung vollzieht sich in sieben Schritten, die im Laufe des Kurses Stück für Stück durchgegangen werden. Wir behandeln zum Beispiel Themen wie Sprache und Mehrsprachigkeit, aber auch von den Einrichtungen selbst gewählte Qualitätsbereiche wie Mahlzeiten und Ernährung. Dabei starten wir anhand einer Checkliste jeweils mit einer Ist-Analyse. Das bedeutet, dass sich das Kita-Team anschaut, wie die einzelnen Kriterien des ausgewählten Bereichs bisher umgesetzt werden. Für den Bereich Mahlzeiten und Ernährung werden etwa Aspekte betrachtet wie: Wie wohl fühlen sich die Kinder bei den Mahlzeiten? Wie gehen die Kinder während des Essens miteinander um? Gibt es Tischgespräche? Dürfen die Kinder alles ausprobieren, müssen es aber nicht? Gibt es Schüsseln und Krüge in kindgerechter Größe oder haben die Kinder gar nicht die Möglichkeit, sich selbst zu bedienen? Das Team bewertet sich also anhand der Fragen selbst und die Leitung entwickelt daraus ein Qualitätsprofil. Das schaut sich das Team dann gemeinsam an und sieht, welche Stärken bereits vorhanden sind und wo es Verbesserungspotenzial gibt.
Redaktion: Wie geht es dann weiter?
Jahn: Es folgt meist schnell der Wunsch der engagierten Kita-Mitarbeitenden, sofort zu handeln und Dinge zu verändern. Wir empfehlen an dieser Stelle dann, eine fachliche Orientierung einzuplanen. Das bedeutet: Leitung und Team bilden sich zunächst weiter, laden etwa eine Referentin oder einen Referenten ein oder lesen Fachliteratur, um pädagogisch fundierte Begründungen für Veränderungen zu etablieren. Dabei geht es auch darum, dass gemeinsame, für die Kinder bessere, überprüfbare Ziele erarbeitet werden, bevor es in die Umsetzung geht.
„Mit dem QuiK-Verfahren wird der Prozess des Wandels auf stabilere Füße gestellt, sodass Kita-Leitungen und ihre Teams professioneller und ruhiger in ihren Handlungsweisen hinsichtlich der notwendigen Veränderungen sein können.“
Marina Jahn
Redaktion: Welche zentralen Herausforderungen in der pädagogischen Qualität von Kindertageseinrichtungen adressiert QuiK?
Jahn: Natürlich gibt es einige strukturelle Herausforderungen, auf die wir mit QuiK keinen Einfluss haben, etwa den Fachkraft-Kind-Schlüssel oder die Gruppengröße. Aber wir unterstützen dort, wo jede einzelne Fachkraft ansetzen kann: bei der Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit. Eine große Herausforderung in der Kita ist der stetige Wandel, der sich etwa zeigt in den Anforderungen an die Kita als erster außerfamiliärer Bildungsort der Kinder. Weitere Herausforderungen sind immer auch die Erwartungen der Eltern, die gesetzlichen Regelungen und Veränderungen sowie der akute Fachkräftemangel und die Fluktuation in vielen Teams. Mit dem QuiK-Verfahren wird der Prozess des Wandels auf stabilere Füße gestellt, sodass Kita-Leitungen und ihre Teams professioneller und ruhiger in ihren Handlungsweisen hinsichtlich der notwendigen Veränderungen sein können und diese strukturiert, mit dem Fokus auf die Kinder und das Team, meistern.
Redaktion: Welche Rolle spielt die wissenschaftliche Begleitung durch ein Evaluationsteam im Rahmen des QuiK-Programms?
Jahn: Es ist zunächst einmal toll, dass die QuiK-Lehrgänge wissenschaftlich begleitet werden und die aim es möglich macht, so die Wirkung in der Praxis zu evaluieren. Für uns bedeutet das, einen Eindruck zu bekommen in das, was gut gelingt und wo es noch Hemmnisse oder Stolperfallen gibt. Die Teilnehmenden selbst fanden die externen, fachlich kompetenten Rückmeldungen sehr bereichernd, weil sie zum einen viel positive Bestätigung erfahren und zum anderen auf blinde Flecken in den eigenen Prozessen aufmerksam gemacht werden, die sie so gestalten, wie es immer schon gemacht wurde. Diese fundierten Rückmeldungen als Anlass zur Reflektion sind eine unschätzbare Ressource und motivieren Kita-Teams, die Dinge positiv zu verändern.
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Redaktion: Gibt es Beispiele aus der Praxis, die zeigen, wie QuiK dazu beigetragen hat, die Qualität von Kindertageseinrichtungen zu verbessern?
Jahn: Es ist zum Beispiel schön zu sehen, wie Kita-Leitungen und ihre Teams durch die Situationsanalysen sensibilisiert werden und wie sie mit ganz anderen Augen auf ihre Interaktionen mit den Kindern schauen. Das klingt nach einem kleinen Schritt, aber dieses veränderte Bewusstsein ist der Schlüssel für nachhaltige Veränderungen. Bemerkenswert sind auch die Präsentationen der Kita-Leitungen am Ende des Programms von den Veränderungen und dem Prozess der Qualitätsentwicklung. Eine Leitung hat einmal einen eigens dafür erstellten Film des Teams gezeigt, in dem sichtbar wird, wie Räume, Möbel oder Material verändert wurden und was das bei den Kindern bewirkt hat. Toll war auch eine Kita-Leitung, die das Konzept der Qualitätsentwicklung an die Eltern weiterkommuniziert hat und so viel mehr Zuspruch und Verständnis erfahren hat – etwa wenn die Kita für die Weiterbildung zwischenzeitlich einen Tag schließen musste.
Redaktion: Gibt es Pläne für die Zukunft von QuiK?
Jahn: Wir wollen QuiK weiterentwickeln und auch den Nationalen Kriterienkatalog aktuell halten, indem wir zum Beispiel die Checklisten digitalisieren. Das erleichtert die Arbeit während des QuiK-Programms wie auch nach der Weiterbildung in den Kitas. Wir möchten die Qualitätsentwicklung damit handhabbarer und praktischer für die Leitungen und die Teams gestalten. QuiK wird zudem international genutzt, etwa in Chile oder China. Daher soll der Nationale Kriterienkatalog nun auch ins Englische übersetzt werden.
Redaktion: Frau Jahn, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Zum Redakteur
Michael Klitzsch ist freiberuflicher Journalist und schreibt unter anderem für Der Spiegel, DSW-Journal und das Online-Magazin schulmanagement.
Er schaut sich für Sie regelmäßig in der Bildungslandschaft um und gibt Einblicke in die Arbeit der aim.
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QuiK – Qualität in Kindertageseinrichtungen
Im Rahmen des Projekts „Qualität durch Weiterbildung“ bietet die aim ab Februar 2024 in Kooperation mit der pädquis Stiftung und dem Zentrum für Qualitätsforschung und Monitoring in der Kinder- und Jugendhilfe (ZQM) ein Qualifizierungsangebot für Kita-Leitungen und Qualitätsbeauftragte für pädagogische Qualität an, das Kita-Leitungen und deren Teams dabei unterstützt, die pädagogische Qualität zu gestalten und weiterzuentwickeln.
Innerhalb von 1,5 Jahren durchläuft das Team die Schritte der Qualitätsentwicklung in 6 ganztägigen Arbeitskreisen und 4 halbtägigen Online Seminaren.
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