Ich bin ich - Das Selbstkonzept von Kindern fördern

Beitrag von Professor Dr. phil. Gernot Aich

Professor Dr. phil. Gernot Aich arbeitet am Institut für Kindheit, Jugend und Familie an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Er und sein Team (Carolin Rauhöft, Melissa Pepper, Esther Merget und Dr. Eva-Maria Engel) beschäftigen sich mit der Förderung des Selbstkonzepts von Kindern. 

Das kindliche Selbstkonzept und seine Bedeutung

Kinder stehen vor der Aufgabe, sich irgendwann selbstständig in einer immer komplexer werdenden Welt zurechtzufinden. Dazu müssen sie eine eigene Identität entwickeln und sich mit grundsätzlichen Fragen beschäftigen, wie: Wer bin ich? Was mag ich, was mag ich nicht? Was kann ich gut, was muss ich noch lernen? Gerade für Kinder sind diese Fragen nicht so leicht zu beantworten. Gleichzeitig sind die Antworten darauf und das Wissen darüber die Voraussetzung dafür, selbstbewusst und selbstbestimmt Teil einer demokratischen Gesellschaft zu werden. Dieses Wissen, das wir über uns haben, und das Bild, das wir von uns gestalten, wird unter dem Begriff des Selbstkonzepts gefasst. Für Kinder ist es eine bedeutsame Entwicklungsaufgabe, ein positives Selbstkonzept zu entwickeln, denn es gilt als ein wichtiger Resilienzfaktor. Zudem hilft es den Kindern dabei, Übergänge wie den vom Kindergarten in die Grundschule gut zu bewältigen und es kann insgesamt das Handeln der Kinder beeinflussen (Zimmer, 2016). Das Selbstkonzept kann dementsprechend dazu beitragen, dass Kinder sich Dinge zutrauen oder eben nicht. Damit Kinder ein positives Bild von sich selbst entwickeln und so Freude am Lernen und den Mut haben, neue Entwicklungsschritte zu wagen, fordern unter anderem die Bildungs- und Orientierungspläne der Länder, das kindliche Selbstkonzept bereits in der Kita zu fördern. Damit sich das Selbstkonzept positiv entwickeln kann, wirken unterschiedliche Einflussfaktoren. Unter anderem brauchen Kinder eine sichere Bindung, die Möglichkeit zu Selbstwirksamkeitserfahrungen und Partizipation, positive Interaktionserfahrungen mit ihren Bezugspersonen und gleichaltrigen Kindern sowie eine wertschätzende Atmosphäre der Diversität.  All diese Aspekte sollten in die Kita-Arbeit integriert werden, müssen aber nicht als einzelne Projekte in der Kita-Praxis umgesetzt werden. Stattdessen sollte das Selbstkonzept im Alltag von Kindern gefördert werden. 

„Das Ziel des Ich bin Ich-Konzepts ist es, die bereits bestehenden Kita-Konzepte um den Aspekt der alltagsintegrierten Selbstkonzeptförderung zu erweitern.“

Prof. Dr. phil. Gernot Aich

DAS ICH BIN ICH-KONZEPT – EIN PROGRAMM ZUR FÖRDERUNG DES SELBSTKONZEPTS BEI KINDERN

Vor diesem Hintergrund wurde das Ich bin Ich-Konzept in einem Kooperationsprojekt der aim mit der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd (PH Gmünd) im Jahr 2016 entwickelt. Das Ziel des Ich bin Ich-Konzepts ist es, die bereits bestehenden Kita-Konzepte um den Aspekt der alltagsintegrierten Selbstkonzeptförderung zu erweitern. Dazu wurden im ersten Ich bin Ich-Projekt 80 pädagogische Fachkräfte aus acht Kitas zum kindlichen Selbstkonzept, seiner Entwicklung und Förderung sowie zur selbstkonzeptunterstützenden Interaktionsgestaltung geschult. Gleichzeitig wurden die Kitas auf ihre Selbstkonzeptförderlichkeit hin analysiert und es wurden passgenau Interventionen entwickelt, um das Selbstkonzept der Kinder im Alltag zu stärken. Gleichzeitig wurden die Bildungsbereiche der Kitas, die durch die Bildungs- und Orientierungspläne vorgegeben werden, insofern erweitert, dass die Selbstkonzepte der Kinder bei der Umsetzung von Angeboten, sowie insgesamt im Tagesablauf, gefördert werden. Um die Wirkung des Projekts sichtbar zu machen, fand seine Evaluation statt. Die Ergebnisse zeigten eine große Zufriedenheit der pädagogischen Fachkräfte mit dem Projekt und den Effekten, die das Projekt bei den Kindern zeigte. Die Kinder konnten unter anderem durch eine gestärkte Selbstwahrnehmung Gefühle und Bedürfnisse leichter verbalisieren, gleichzeitig lernten die pädagogischen Fachkräfte die Kinder besser kennen und konnten so einschätzen, was die Kinder brauchen. Die Kita-Teams setzten sich noch einmal neu mit ihrer pädagogischen Profession und ihrer Haltung gegenüber den Kindern auseinander, was sich positiv auf den Kita-Alltag auswirkte.

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„Durch die Unterstützung und Zusammenarbeit mit der aim war es, basierend auf den positiven Erkenntnissen des ersten Ich bin Ich-Projekts, möglich, das Ich bin Ich-Konzept nachhaltig weiterzuentwickeln und flächendeckend in zwei weiteren Projekten umzusetzen.“

Prof. Dr. phil. Gernot Aich

Die Weiterentwicklung des Ich bin Ich-Konzepts

Durch die Unterstützung und Zusammenarbeit mit der aim war es, basierend auf den positiven Erkenntnissen des ersten Ich bin Ich-Projekts, möglich, das Ich bin Ich-Konzept nachhaltig weiterzuentwickeln und flächendeckend in zwei weiteren Projekten umzusetzen. Im Ich bin ich-Projekt 2.0 werden seit Mai 2020 pädagogische Fachkräfte aus der Kita-Praxis zu Selbstkonzeptmultiplikatorinnen und -multiplikatoren fortgebildet. In der einjährigen Fortbildung findet ein Wechsel zwischen Theorie- und Praxisphasen statt. In den theoretischen Einheiten erhalten die Fachkräfte Wissen zum Selbstkonzept sowie zur Selbstkonzeptförderung, dass sie anschließend in den Praxisphasen an ihre Kita-Teams weitergeben. Zudem lernen sie theoretisch und praktisch den eigenen Kita-Alltag auf seine Selbstkonzeptförderlichkeit hin zu analysieren und weiterzuentwickeln. Durch die umfangreiche Fortbildung wird es möglich, dass die Selbstkonzeptmultiplikatorinnen und -multiplikatoren das Ich bin Ich-Konzept in weitere Kitas tragen können. Im Ich bin ich-Projekt 3.0 werden seit November 2021 Baden-Württemberg-weit Kita-Teams nach einem weiterentwickelten Ich bin Ich-Konzept geschult. Das Konzept vertieft, neben der alltagsintegrierten Selbstkonzeptförderung, die selbstkonzeptunterstützende Gesprächsgestaltung mit den Kindern. Dazu finden über ein Jahr hinweg Inhouse-Schulungen in den Kitas statt. Um die Wirksamkeit noch besser überprüfen zu können, wird die Evaluation in einem Warte-Kontrollgruppen-Design umgesetzt. 

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