„Es ist wichtig, dass unsere Generation gehört wird”

Interview mit Mats Grieger von Generation BD

Mats Grieger ist Schüler am Gymnasium Marienschule Lippstadt und engagiert sich dort als Schülersprecher sowie als Jugendleiter in der Kirche. Als Teilnehmer des Projekts Generation BD präsentierte er bei der aim Biko 2025 mit dem Forum Bildung Digitalisierung die Handlungsempfehlungen für die Transformation von Schule.

Mats, was war für dich persönlich die wichtigste Erkenntnis aus dem Projekt Generation BD, bei dem 15 Schülerinnen und Schüler, zu denen auch Du gehörtest, Ideen für die Schule der Zukunft entwickelt haben?

Mir ist vor allem aufgefallen, dass wir bei den Veranstaltungen und Konferenzen nochmal eine ganz neue Perspektive eingebracht haben. Plötzlich saßen da Menschen, die Schule tagtäglich selbst erleben – und nicht nur über sie reden. Oft wird gesagt: „Die Schüler:innen wollen dies oder das." Aber wir werden dann gar nicht selbst gefragt. Wenn wir selbst aktiv an solchen Projekten beteiligt sind, können wir diese pauschalen Annahmen hinterfragen und neue Impulse setzen. Ich hatte den Eindruck, dass sich durch unseren Input bei vielen Menschen etwas bewegt hat – und dass unsere Perspektive jetzt ernster genommen wird.

INFO

Was ist Generation BD?

Generation BD ist ein Beteiligungsprojekt des Forums Bildung Digitalisierung, das im April 2024 gestartet wurde. 15 Schülerinnen und Schüler aus acht Bundesländern arbeiten gemeinsam an Ideen für die Schule der Zukunft. In einem mehrmonatigen Prozess – mit Workshops, Online-Phasen und externer Expertise – entwickelten sie 21 konkrete Handlungsempfehlungen. Die Themen: Individualisierung, bessere Rahmenbedingungen und mentale Gesundheit. Unterstützt wurde das Projekt organisatorisch vom Forum – die Inhalte kamen direkt von den Jugendlichen selbst.

Im Impulspapier mit euren Handlungsempfehlungen sprecht ihr von einer „grundlegenden Transformation von Schule". Was bedeutet das für euch konkret? Wo müssten sich aus deiner Sicht dringend Dinge ändern?

Ein zentrales Thema ist immer noch die digitale Infrastruktur. Durch Corona hat sich da zwar einiges getan, aber eben nicht überall gleichermaßen. Außerdem haben wir jetzt 2025 – Corona liegt fünf Jahre zurück. Es ist Zeit für ein Update. Schulen dürfen sich nicht darauf ausruhen, was in der Pandemie angeschafft wurde. Es muss weitergehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Demokratiebildung. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen war das der gesamten Gruppe besonders wichtig. Wir wünschen uns eine fächerübergreifende Verankerung – und ähnlich wie es MINT-Beauftragte gibt, auch Demokratiebeauftragte an jeder Schule. Das schafft klare Zuständigkeiten. Und im Bereich der mentalen Gesundheit wünschen wir uns zum Beispiel Räume der Stille, in denen man zur Ruhe kommen kann. Insgesamt sollte Schule stärker für das Thema sensibilisieren – Tabus brechen, so dass man offen über diese Themen reden kann. Viele haben Hemmungen, sich Lehrkräften anzuvertrauen.

 

Stichwort Mental Health: Was macht Schule aus eurer Sicht aktuell „krank"? Und was würde helfen, sie zu einem gesünderen Ort zu machen?

Ganz klar: Gemeinschaft. Die Schulgemeinschaft muss gestärkt werden. Mehr gemeinsame Aktivitäten, Feste oder auch kreative Konzepte – ich habe heute zum Beispiel von einer Mensa erfahren, in der zwei hauptamtliche Kräfte arbeiten und der Rest von Eltern oder Großeltern getragen und unterstützt wird. Das stärkt Identifikation und Zugehörigkeit. Auch Lehrkräfte spielen eine wichtige Rolle. Niemand erwartet, dass sie auch Psycholog:innen sind – aber sie sollten wissen, an wen sie verweisen können, wenn Schüler:innen Hilfe brauchen. Oft sind sie die erste Anlaufstelle. Wenn das Gespräch dort schon scheitert, ist das problematisch. Es braucht mehr Sensibilität und Wissen, welche Angebote existieren.

 

Wenn du einen Wunsch frei hättest – was wäre das Erste, was du im deutschen Schulsystem ändern würdest?

Ich würde den Schulen mehr Freiraum geben – für Neugier, für Ausprobieren, für ein bisschen „rebellisch sein", im positiven Sinn.

 

In Deutschland ist vieles stark reguliert. Das verhindert oft gute Ideen, weil man sich im Bürokratiedschungel verliert. Mehr learning by doing wäre wichtig – einfach mal machen, statt ewig theoretisch diskutieren und dann doch nichts umsetzen.

 

Zum Abschluss: Gibt es etwas, das dich auf der Biko besonders beeindruckt oder zum Nachdenken gebracht hat?

Ja, ganz klar der Eröffnungsvortrag. Da wurde gesagt, dass Kinder und Jugendliche eine Minderheit ohne Lobby sind. Das hat mich sehr berührt – und ich fand es einen starken Impuls. Wir brauchen mehr Empowerment für junge Menschen. Wir wollen mitgenommen werden auf dem Weg – nicht, dass der Weg über unsere Köpfe hinweg entschieden wird. Diese ganzen Krisen, die wir erlebt haben – Pandemie, Kriege, Klimakrise – sind für uns irgendwie zum Alltag geworden. Das ist erschreckend. Der Vortrag hat mir nochmal bewusst gemacht, was das für unsere Biografie bedeutet und wie wichtig es ist, dass unsere Generation gehört wird.

 


Das Interview führte Michael Klitzsch. Der freiberufliche Journalist arbeitet unter anderem für den Spiegel und schreibt für unser Online-Magazin schulmanagement.

Weitere Infos zur aim Bildungskonferenz unter www.aim-biko.de und zur Generation BD unter www.forumbd.de/projekte/generation-bd

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